„Bis zur letzten Formel – Die Materie, aus der Menschen, Sterne und Planeten bestehen, ist entschlüsselt. Nun wollen Forscher den Urknall verstehen. Aber kann das je gelingen?“

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Gruppenbild mit Dame Auf der 5. Solvay-Konferenz kam es zum Stelldichein der damaligen Physikelite: 17 der 29 Anwesenden besaßen oder bekamen in der Folgezeit den Nobelpreis für ihre Forschung – darunter Einstein, Curie, Heisenberg, Planck und Dirac.

1927 wie auch heute überwiegt die Einbildung, das große Unbekannte durchschaut zu haben. Es sind nur noch ca. 200 unbekannte Variablen oder Naturkonstanten die als Krücke benötigt werden, die aktuellen Modelle auch in der Realität einigermaßen anwenden zu können. Es herrscht die Verblendung, die Welt erkannt zu haben. Es ist eine Arroganz der Weisheit, die schon immer die Menschheit davor bewahrte, sich ihrer Unwissenheit bewußt zu werden. Jedoch nur das Wissen um die Unwissenheit führt zu neuer Erkenntnis. Die tausendste Verwendung einer Theorie, die sich offenbar gegen die Phänomene der Realität sträubt, macht sich nicht besser. Was unterscheidet die Dogmen der Kirche von den Dogmen der herrschenden Lehrmeinungen? Was unterscheidet die Hierarchie kirchlicher Ränge von professoraler Selbstherrlichkeit? Universitäten sind verkommen zu einem Ort der Bewahrung traditioneller Theorien. Wer sich nicht in ihrem Rahmen bewegt, wird aus der Glaubensgemeinschaft ausgestoßen.

Die Aufklärung, einst als Innovation der Erkenntnisgewinnung gefeiert, reiht sich inzwischen ein in die große Liste dogmatischer Welterklärungen. Welches Interesse an neuer Erkenntnis kann noch bestehen, wenn scheinbar alles bereits erkannt und beschrieben ist? Was ist peinlicher als das Cern und die Jagd nach dem „Gottesteilchen“, dem Heilsbringer, dem Teilchen, dass endlich belegt, im Recht zu sein?

Einem Mediziner, der an Krebs stirbt, wird posthum der Nobelpreis für seine Arbeiten zur Erforschung des Krebs verliehen; einem Physiker, der Nobelpreis für ein Teilchen, das nur dafür nützlich ist, unnütze Theorien zu belegen. Nein, wir sind nicht im Mittelalter, wir schreiben das 21. Jahrhundert. „Wissenschaft“ wird heute betrieben als das Jagen nach verspinnerten Theoriegebäuden, je komplizierter und verquaster, umso eindrucksvoller und genialer. Das dramatische dabei ist, es scheint aus dieser Situation keinen Ausweg zu geben. Wer hat wirklich daran Interesse, den Status Quo zu verändern? Und es ist noch dramatischer, wer erkennt überhaupt dieses Dilemma?

 

Von Felix Cyano

Erkenntnisgewinnungstechniker